Im sechsten Schritt der Serie „Hydraulischen Abgleich selber machen“ werden wir die Voreinstellungen der Heizkörperventile ermitteln. Dies werde ich euch für die bereits installierten Ventile der Hersteller Danfoss und Oventrop aus unserem Beispielhaus zeigen. Anschließend sollte es euch möglich sein, die Voreinstellwerte von weiteren Ventilherstellern wie zum Beispiel TA Heimeier oder Honeywell zu ermitteln.
Wenn ihr noch nicht wisst, was die Voreinstellung von einem Heizkörperventil bewerkstelligen soll, empfehle ich euch meine beiden Artikel zur Funktion eines hydraulischen Abgleichs und zur Funktion eines Thermostatventils.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen: Kv- und Kvs-Wert
Wenn ihr euch mit dem hydraulischen Abgleich beschäftigt, werdet ihr früher oder später mit den Begriffen des Kv- und des Kvs-Wertes konfrontiert. Diese Werte sind Produktwerte für Heizkörperventile, welche vom Hersteller gemessen werden und dazu dienen ein Ventil richtig zu dimensionieren sowie für den Einsatz auszuwählen. Weiterhin hat ein Planer durch die Ermittlung des Kv-Wertes die Möglichkeit Ventile untereinander zu vergleichen.
Der Kv-Wert gibt dabei den Volumenstrom in
bei einem Druckverlust über dem Heizkörperventil von
an (siehe Abbildung 1). Der Kv-Wert wird auch Durchflussfaktor genannt.
Wenn wir beispielsweise ein voreinstellbares Heizkörperventil (Beispiel: Oventrop AV6) mit sechs Voreinstellstufen haben, ist der Kv-Wert bei jeder Voreinstellstufe anders, da auch der maximale Durchfluss unterschiedlich ist (siehe Abbildung 2).
Der Kvs-Wert gibt den Wert bei voll geöffnetem Ventil an. Es gibt bei unserem Beispielventil also fünf verschiedene Kv-Werte, jedoch nur einen Kvs-Wert (siehe Abbildung 2). Diese könnt ihr im Datenblatt des AV6 von Oventrop auf Seite 15 nachlesen.
Warum ist der Kv-Wert so wichtig?
In einem Heizungssystem stellen Ventile für das Heizungswasser einen Widerstand dar. Aus diesem Grund gibt es einen Druckverlust über dem Ventil. Da der Druckverlust über dem Heizkörperventil an weit entfernten Heizkörpern geringer ist (z.B. ) als bei Heizkörpern, welche nah am Wärmeerzeuger liegen (z.B.
), können unterschiedliche Durckverluste bei größeren Gebäuden in die Berechnung einbezogen werden und somit genauere Ergebnisse für die Voreinstellung liefern. Ventilhersteller empfehlen mit Differenzdrücken unter
zu rechnen.
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Beispielrechnung Kv-Wert mit unterschiedlichem Differenzdruck
In dem folgenden Beispiel möchte ich euch zeigen, welchen Einfluss der Differenzdruck auf die Voreinstellwerte eines Heizkörperventils hat. Für unsere Beispielrechnung nehmen wir folgende Werte an:
- Heizkörperleistung:
- Temperaturspreizung bei 75/55:
- Differenzdruck 1:
- Differenzdruck 2:
- Differenzdruck 3:
- Hub (Erklärung folgt im nächsten Absatz):
Berechnung des Volumenstroms (falls ihr vergessen habt, wie ihr den Volumenstrom berechnen könnt, schaut einfach noch einmal im fünften Schritt der Serie „Hydraulischen Abgleich selber machen“ nach):
Zur Berechnung des Kv-Wertes rechnen wir mit folgender Formel:
Nun geben wir unsere Werte in die genannte Formel ein.
- Volumenstrom:
- Differenzdruck 1:
- Differenzdruck 2:
- Differenzdruck 3:
Kv-Wert mit Differenzdruck 1:
Kv-Wert mit Differenzdruck 2:
Kv-Wert mit Differenzdruck 3:
Nun gehen wir in das Datenblatt des AV6 von Oventrop auf Seite 15 und schauen uns die Kv-Werte an. Die angegebenen Kv-Werte je Voreinstellung entsprechen dem maximalen Kv-Wert einer Voreinstellstufe. Daher entsprechen unsere ermittelten Kv-Werte folgenden Voreinstellstufen:
Weiterhin können wir im Druckverlustdiagramm des Heizkörperventils die Voreinstellung anhand des Volumenstroms und des jeweiligen Differenzdrucks ablesen (siehe Abbildung 3).
Abbildung 3: Ermitteln der Voreinstellwerte für das Heizkörperventil AV6 von Oventrop, Quelle: Datenblatt Oventrop
Hier wird deutlich, welchen Einfluss der Druckverlust bei gleichem Volumenstrom über dem Ventil in der Berechnung für die Voreinstellung hat:
- Ein Heizkörper mit geringem Differenzdruck über dem Ventil und relativ weit entfernter Platzierung vom Wärmeerzeuger, kann zu einer höheren Voreinstellung führen.
- Ein Heizkörper mit hohem Differenzdruck über dem Ventil und relativ naher Platzierung zum Wärmeerzeuger, kann zu einer geringeren Voreinstellung führen.
Was ist der „Hub“?
Weiterhin spielt der sogenannte „Hub“ eine wichtige Rolle für den Kv-Wert. In Abbildung 2 habe ich als Hub vom Auslegungsproportionalbereich gewählt. Der Hub gibt dabei die Reaktionsgeschwindigkeit des Thermostatkopfes (Fühlerelementes) an.
Beispiel für den „Hub“ einen Thermostatkopfes
Wir haben in unserem Raum eine gewünschte Raumtemperatur von (Auslegungsproportionalbereich) und einen Thermostatkopf mit dem Hub
.
- Wenn die Raumtemperatur bei
liegt, entspricht die Stellung des Thermostatkopfes dem gewünschten Durchfluss, welcher notwendig ist um die Raumtemperatur von
zu erreichen.
- Wenn die Raumtemperatur
erreicht, schließt der Thermostatkopf, da die Raumtemperatur
höher ist als die gewünschte Raumtemperatur.
- Die Differenz zwischen gewünschter Raumtemperatur und Abweichungstemperatur beträgt also maximal
.
Unser Thermostatkopf ist also in der Lage bei einer Abweichung von der Raumtemperatur zu reagieren. Das entspricht einem Hub von
. Ein Thermostatkopf mit einem Hub von
würde dementsprechend erst bei einer Raumtemperatur von
reagieren.
Berechnung der Kv-Werte für unser Beispielgebäude
Mit dem jetzigen Wissen ist es uns möglich die Kv-Werte der jeweiligen Heizkörperventile zu berechnen. Für unser Beispielgebäude rechnen wir mit einem pauschalen Druckverlust von über jedem Heizkörperventil. Im folgenden Beispiel berechne ich den Kv-Wert für den Vorraum in unserem Beispielgebäude.
Beispielrechnung Heizkörper Nr. 1 – Vorraum
Gegeben:
- Volumenstrom
- Differenzdruck:
Der Kv-Wert für das Heizkörperventil am Heizkörper im Vorraum beträgt .
Übersicht der Kv-Werte fürs Beispielgebäude
In Abbildung 4 seht ihr die ermittelten Kv-Werte für unser Beispielgebäude.
Update 03.02.2014:
Der Volumenstrom und der Kv-Wert für den Heizkörper 11 im Gästezimmer (Raum 10) ist nicht in Abbildung 4 eingezeichnet: Volumenstrom , Kv-Wert
.
Da wir nun die Kv-Werte für alle Heizkörper berechnet haben, ist es uns möglich die Voreinstellwerte aus den Datenblättern der jeweiligen Heizkörperventile zu ermitteln.
Hinweis: Wenn ihr noch keine voreinstellbaren Heizkörperventile installiert habt, wird von den Ventilherstellern empfohlen, bei der Auswahl darauf zu achten, dass der Kvs-Wert eines Heizkörperventils gering ist und dem errechneten errechneten Kv-Wert nahe kommt. Ziel ist es somit eine größere Voreinstellung zu erreichen.
Beispiel:
,
,
,
Ventil: Danfoss RA-N 10 – Voreinstellung: 5 (max. 7)
Ventil: Danfoss RA-UN 10 – Voreinstellung: 6 (max. 7)In diesem Fall lautet die Empfehlung, sich für das Ventil RA-UN 10 zu entscheiden.
Voreinstellungen für Beispielgebäude
Danfoss – Einbauventil RA Serie 3 mit Voreinstellung
Da sich in unserem Beispielgebäude überwiegend Heizkörperventile der Firma Danfoss befinden, beginnen wir mit diesem Fabrikathersteller. Als Beispiel nehmen wir einen Heizkörper mit voreinstellbarem Heizkörperventil aus dem Wohnzimmer (siehe Abbildung 5). Es handelt sich dabei um einen Ventilheizkörper mit integriertem Heizkörperventil RA der Serie „3“ N mit roter Voreinstellkrone. In vereinzelten Heizkörpern ist auch das Heizkörperventil RA der Serie „3“ U mit gelber Voreinstellkrone (für geringe Volumenströme) verbaut.
Zur Ermittlung der Einstellwerte arbeiten wir mit dem Datenblatt der Firma Danfoss für das Danfoss Ventil – Serie „3“ mit Voreinstellung. Das Datenblatt findet ihr hier: Datenblatt: Einbauventil Serie 3 mit Voreinstellung.
Zunächst öffnen wir das Datenblatt für unser Ventil und finden auf Seite 1 die Kv-Werte für die jeweiligen Voreinstellungen. Für das Einbauventil RA-N mit ergeben sich folgende Kv-Werte:
- Voreinstellung 1:
- Voreinstellung 2:
- Voreinstellung 3:
- Voreinstellung 4:
- Voreinstellung 5:
- Voreinstellung 6:
- Voreinstellung 7:
- Voreinstellung N:
- Voreinstellung N-Kvs:
Der Kv-Wert für unseren Beispielheizkörper aus dem Wohnzimmer beträgt und ist
und
. Somit hat das Heizkörperventil im Wohnzimmer eine Voreinstellung von 3.
Bei unserem Einbauventil Serie „3“ RA-N und RA-U der Firma Danfoss kann man die Einstellwerte ohne Spezialwerkzeug einstellen. Dazu dreht ihr die Voreinstellung einfach auf die Einstellmarkierung am Heizkörperventil und erhaltet somit eure Voreinstellung (siehe Abbildung 6).
Danfoss – voreinstellbares Ventilgehäuse Typ RA-N
Der Badheizkörper im Obergeschoss besitzt ein voreinstellbares Eckventil des Typen RA-N der Firma Danfoss. Da es sich bei dem Badheizkörper um einen Kompaktheizkörper handelt, ist das Ventil nicht im Heizkörper integriert. Daher ist es notwendig zu wissen, welche Anschlussnennweite (DN) der Heizkörper hat. In unserem Fall ist die Anschlussnennweite DN10 = 3/8″ (Zoll) = 17,2mm (Außendurchmesser).
Der Badheizkörper besitzt demzufolge laut Datenblatt ein voreinstellbares Ventilgehäuse „RA-N 10“. Um nun die Voreinstellung zu ermitteln gehen wir in das Datenblatt des Heizkörperventils Typ RA-N auf Seite 2 und suchen den Kv-Wert für das RA-N 10. Hier sehen wir, dass unser Kv-Wert von beim RA-N 10,
einer Voreinstellung von 2 entspricht.
Bei dem voreinstellbaren Heizkörperventil Typ RA-N 10 der Firma Danfoss ist ebenfalls kein Spezialwerkzeug für die Voreinstellung nötig. Eine Anleitung zur Voreinstellung findet ihr im Datenblatt des Heizkörperventils Typ RA-N auf Seite 3.
Oventrop – voreinstellbares Heizkörperventil AV6
Die Fußbodenerwärmung mit der Oventrop Einzelraumregelung und Rücklauftemperaturbegrenzung („Unibox vario“ mit dem Thermostat „Uni RTLH“) besitzt das voreinstellbare Heizkörperventil AV6. Um den Voreinstellwert für das Heizkörperventil zu ermitteln, gehen wir in das Datenblatt der „Oventrop „Unibox“ Einzelraumregelung und Rücklauftemperaturbegrenzung in Flächenheizungen“ auf Seite 4.
Da es sich um eine Fußbodenerwärmung handelt, gibt es keine Kv-Werte. Dennoch können wir mit unserem berechneten Volumenstrom die Voreinstellung aus dem Druckverlustdiagramm ablesen (siehe Abbildung 7). Unser Volumenstrom für die Fußbodenerwärmung beträgt (siehe Abbildung 4).
Die Voreinstellung für das Heizkörperventil AV6 der Firma Oventrop bei ,
und einem Volumenstrom von
entspricht der Stufe 2.
Für die Voreinstellung des Oventrop AV6 wird ein Spezialschlüssel benötigt.
Übersicht der Voreinstellungen fürs Beispielgebäude
In Abbildung 8 seht ihr die Übersicht der verbauten Heizkörperventile und deren Voreinstellungen für unser Beispielgebäude.
Update 03.02.2014:
Der Kv-Wert für den Heizkörper 11 im Gästezimmer (Raum 10) ist nicht in Abbildung 8 eingezeichnet: Kv-Wert , Ventiltyp E3 RA-U, Voreinstellung: 2.
Fazit
Mit den nun vorhandenen Daten können wir die Voreinstellung der Heizkörperventile vornehmen. Durch die Voreinstellung der Heizkörperventile haben wir einen wichtigen Schritt zur Optimierung des Fließverhaltens in unserem Heizungssystem getan. Dennoch ist der hydraulische Abgleich noch nicht abgeschlossen.
Wichtig: Den Schritt der Voreinstellung könnt ihr nur vornehmen, wenn in euren Heizkörpern voreinstellbare Heizkörperventile installiert sind. Sollte dies nicht der Fall sein, ist es notwendig einen Fachmann einzuschalten, der euch voreinstellbare Heizkörperventile einbaut. Hier kann es sein, dass nur der Einsatz getauscht werden muss oder das gesamte Ventil.
Wenn ihr keinen Fachbetrieb in eurer Nähe kennt, könnt ihr unter dem folgenden Link kostenlos und unverbindlich bis zu 5 Angebote von Fachfirmen aus eurer Region anfordern: Heizungsfachbetriebe finden.
Im ersten Schritt der Serie „hydraulischen Abgleich selber machen“ habe ich geschrieben, dass in größeren Gebäuden der Einsatz von Differenzdruckreglern zu empfehlen ist. Da wir jedoch ein relativ überschauliches Gebäude und eine elektronisch geregelte Pumpe der Energieeffizientklasse A im Einsatz haben, verzichten wir auf den Einsatz von Differenzdruckreglern.
Daher können wir im nächsten Schritt der Serie „Hydraulischen Abgleich selber machen“ die Parameter für unsere Heizungspumpe bestimmen. Falls ihr Fragen, Anregungen oder Kritik habt, nutzt die Kommentarfunktion.
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Übersicht zur Serie “Hydraulischen Abgleich selber machen”:
- Hydraulischen Abgleich selber machen – Beispiel an einem Einfamilienhaus
- Hydraulischen Abgleich selber machen – Schritt 1: Grundlagen
- Hydraulischen Abgleich selber machen – Schritt 2: Heizlastberechnung
- Hydraulischen Abgleich selber machen – Schritt 3: Datenaufnahme
- Hydraulischen Abgleich selber machen – Schritt 4: Berechnen der Heizkörperleistung
- Hydraulischen Abgleich selber machen – Korrektur: Fußbodenheizung oder Fußbodenerwärmung?
- Hydraulischen Abgleich selber machen – Schritt 5: Volumenstrom berechnen
- Hydraulischen Abgleich selber machen – Schritt 6: Voreinstellung der Heizkörperventile
- Hydraulischen Abgleich selber machen – Schritt 7: Heizungspumpe berechnen
Zugehörige Beiträge außerhalb der Beispielserie:
- Was ist ein hydraulischer Abgleich?
- Wie funktioniert ein Thermostatventil?
- Berechnung von alten Heizkörpern im Bestand
- Kosten für einen hydraulischen Abgleich berechnen
WICHTIG: Bevor ihr mit der Durchführung des hydraulischen Abgleichs beginnt, weise ich euch darauf hin, dass die hier geschilderten Arbeitsweisen auf meinen persönlichen Erfahrungen und Gedankengängen basieren. Das Ausprobieren und das Implementieren der beschriebenen Vorgehensweisen erfolgt ausschließlich auf eigene Verantwortung und Gefahr. Ich übernehme keine Verantwortung. Weiterhin empfehle ich euch die berechneten Werte immer von einem Fachhandwerker oder einem Ingenieurbüro prüfen zu lassen. Denn auch wenn der hier beschriebene Weg einfach erscheint, können sich immer wieder Rechenfehler einschleichen.
Liebe Grüße! Euer Martin
Weiterführend Links und Quellen:
Datenblatt: Oventrop Heizkörperventil AV6
Datenblatt: Oventrop „Unibox“ Einzelraumregelung und Rücklauftemperaturbegrenzung in Flächenheizungen“
Datenblatt: Danfoss Einbauventil Serie 3 mit Voreinstellung RA-N/ RA-U
Datenblatt: Danfoss voreinstellbares Ventilgehäuse Typ RA-N
Danfoss – Hydraulischer Abgleich leicht gemacht
Wikipedia – Nennweite
Der KV-Wert – hydraulischer-abgleich.de
Die Ventilautorität – hydraulischer-abgleich.de
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