Hydraulischen Abgleich selber machen – Schritt 2: Heizlastberechnung

von | Aktualisiert am 18.10.2024 | 50 Kommentare

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Nachdem ihr die Grundlagen im ersten Schritt zum hydraulischen Abgleich verdaut habt, kommen wir nun zur Heizlastberechnung für das Gebäude und die jeweiligen Räume. Anhand von drei Beispielrechnungen zeige ich euch, dass ihr eure Heizlast im Handumdrehen berechnen könnt.

Eine oft gestellte Frage ist: Wie berechne ich die Heizlast? Wie so oft gibt es mehrere Möglichkeiten die Heizlast zu berechnen. Ich werde euch dazu drei vereinfachte Rechenverfahren vorstellen, welche für die überschlägige Ermittlung der Heizlast in Bestandsgebäuden Anwendung finden. Bei Neubauten erfolgt eine detaillierte Heizlastberechnung anhand der realen Gebäudedaten durch eine Fachfirma.

Vorbereitung zur Heizlastberechnung

Bevor wir mit der Berechnung der Heizlast beginnen, stellen wir die Gebäudedaten zusammen, schauen uns die Grundrisse des Gebäudes an und erstellen eine Raumliste. Bei der Betrachtung der Grundrisse für das Beispielgebäude fällt auf, dass es im Zuge der Sanierung viele Umbauten gab. Die Raumflächen sind daher in diesem Beispiel teilweise geschätzt.

Gebäudedaten

Gegeben:

  • Einfamilienhaus,
  • Baujahr 1935,
  • saniert 2005 (Fassade, Dach, Fenster, Heizung)
  • Klimazone: -14 °C (Normaußentemperatur)
  • Gesamtfläche (beheizt): 99 m² 
  • Raumhöhe mit Decke EG: 2,5 m
  • Raumhöhe mit Decke OG: 2,5 m

Raumliste

Erdgeschoss (EG)

  • Raum 1: Vorraum, 2 Außenwände, 1 Fenster, 1 Außentür, Raumfläche: 6 m²
  • Raum 2: Gäste WC, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumfläche: 1 m²
  • Raum 3: Waschraum, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumfläche: 3,2 m²
  • Raum 4: Küche, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumfläche: 10,2 m²
  • Raum 5: Wohnzimmer, 3 Außenwände, 3 Fenster, 1 Außentür, Raumfläche: 26,5 m²
  • Raum 6: Flur und Treppenhaus, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumfläche: 6,5 m²
Erdgeschoss (EG)
Abbildung 1: Erdgeschoss (EG)

Obergeschoss (OG)

  • Raum 7: Schlafzimmer, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumfläche: 7,9 m²
  • Raum 8: Bad, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumfläche: 5,7 m ²
  • Raum 9: Büro, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumfläche: 13,2 m²
  • Raum 10: Gästezimmer, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumfläche: 8,6 m²
  • Raum 11: Flur und Treppenhaus, 2 Außenwände, 2 Fenster, Raumfläche: 10,2 m²
Oberbeschoss (OG)
Abbildung 2: Oberbeschoss (OG)

Mit den vorhandenen Gebäudedaten können wir nun mit der Ermittlung der Heizlast beginnen.

Heizlastberechnung mit der Resido Heizlast-App (ehemals Honeywell)

Eine der einfachsten und effizientesten Möglichkeiten für eine überschlägige Berechnung der Heizlast nach DIN EN 12831 könnt ihr mit der kostenlosen Heizlast-App von Resido (ehemals Honeywell) durchführen. Die Heizlast-App kann kostenlos im Google Playstore für Android und auf Apple Apps Store für iOS heruntergeladen werden. Nachfolgend findet ihr ein kleines Video von mir und eine schriftliche Anleitung für die App.

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Mehr Informationen

Im Folgenden möchte ich euch anhand eines Beispielraums zeigen, wie ihr die Heizlast per App ermitteln könnt. Zunächst werden in der App ein neues Projekt angelegt und die Projektdaten eingegeben. Abgefragt werden der Projektname, der Bauherr, die Auftragsnummer, die Auslegungstemperatur (Normaußentempratur) und die Temperaturspreizung zwischen Vor- und Rücklauf. Anschließend kann der erste Raum angelegt werden.

WärmeerzeugerVorlaufRücklaufSpreizungSystemtemperatur
Niedertemperaturkessel75 °C55 °C20 K75/55
Brennwertkessel50 – 75 °C35 – 55 °C15 – 20 K50/35, 60/40, 75/55
Wärmepumpe35 – 55 °C30 – 45 °C5 – 10 K35/30, 45/35, 55/45
Tabelle 1: Beispielhafte Systemtemperaturen für verschiedene Wärmeerzeuger

Hinweis: Für den hydraulischen Abgleich werden bei Niedertemperatur- und Brennwertheizungen hohe Temperaturspreizungen von 15 bis 20 Kelvin angestrebt, um einen hohen Wärmestrom zu erreichen. Wärmepumpen laufen hingegen bei niedrigen Vorlauftemperaturen effizienter, sodass nur eine niedrige Spreizung zwischen 5 und 10 Kelvin angestrebt wird.

Anlegen der Projektdaten in der Heizlast-App
Abbildung 3: Anlegen der Projektdaten in der Heizlast-App

Beispielrechnung mit Heizlast-App für den Vorraum

Die von mir hinterlegten Werte könnt ihr in dieser PDF Datei nachlesen. Im ersten Schritt gebt ihr die Raumdaten an:

  • Raumname: Vorraum
  • Raumhöhe: 2,5 m
  • Raumtemperatur: 20 °C

Als Raumtemperaturen könnt ihr folgende Werte für die Berechnung der Heizlast annehmen. Diese sind als „Standardwerte“ in der DIN EN 12831 hinterlegt.

RaumartTemperatur
Wohn- und Schlafräume20 °C
Räume, welche unbekleidet genutzt werden (z. B. Bäder)24 °C
WC-Räume20 °C
beheizte Nebenräume außerhalb von Wohnungen (z. B. Hausflure und Treppenhäuser)15 °C
Tabelle 2: Beispielhafte Rauminnentemperaturen

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Nach der Eingabe der Grunddaten beginnen wir mit dem Luftwechsel des Raumes und haben hier verschiedene Auswahlmöglichkeiten. Ich habe mich für „normale Raumnutzung, dichte Fenster“ entschieden und die Grundfläche von 6 m² angegeben. Das Ergebnis ist 86,7 W.

Eingabe der Daten für den Raumluftwechsel
Abbildung 4: Eingabe der Daten für den Raumluftwechsel

Als Nächstes habe ich die Fläche für den Boden des Raumes mit 6 m² angegeben. Es handelt sich hierbei um einen Boden „angrenzend an einen unbeheizten Raum“ welcher dem Aufbau „Holzbalken-/ Stahlbetondecke, geschlossener Luftraum oder Schlackeschüttung, mit Trittschall“ entspricht. Das Ergebnis ist 127,5W.

Eingabe der Daten für den Boden
Abbildung 5: Eingabe der Daten für den Boden

Die Fläche zur Decke/ Dach kann für den Beispielraum vernachlässigt werden, da diese an einen beheizten Raum angrenzt.

Im nächsten Schritt habe ich die Nettofläche der Außenwand eingegeben. Diese beträgt abzüglich der Fenster- und Türflächen:

(0,38m+2,43m+0,19m+0,38m+2,44m+0,725m) * 2,5m = 16,4m²

Fläche abzüglich Fenster und Tür: 16,4m² – 1,05m² – 1,76m² = 13,6m²

Für die Außenwand habe ich „Ziegelstein, Kalksandstein, ca. 6 – 10 cm Wärmedämmung“ gewählt. Das Ergebnis ist 137,6 W.

Eingabe der Daten für die Außenwände
Abbildung 6: Eingabe der Daten für die Außenwände

Das Fenster hat eine „Doppelverglasung“ und eine Fläche von: 
0,9 m * 1,17 m = 1,05 m².
Das Ergebnis ist 98,2 W.

Eingabe der Daten für die Fensterfläche.
Abbildung 7: Eingabe der Daten für die Fensterfläche.

Für die Tür habe ich eine „schwere Holztür“ gewählt, mit einer Fläche von:
0,9 m * 1,17 m = 1,05 m².
Das Ergebnis sind 164,6 W.

Eingabe der Daten für die Türfläche.
Abbildung 8: Eingabe der Daten für die Türfläche.
Heizlast-App - Anzeige der Raumheizlast - Vorraum
Abbildung 9: Heizlast-App – Anzeige der Raumheizlast – Vorraum

Addiert man die einzelnen Werte kommen man auf die Raumheizlast \Phi_{HL,i} = 614 W. Daraus ergibt sich für den 6 m² großen Vorraum ein spezifischer Wert von 102,6 W/m² entspricht.

Auch wenn dieser Wert auf den ersten Blick vergleichsweise hoch erscheint, muss erinnert werden, dass wir mit ca. 50 % einen vergleichsweise hohen Anteil von Außenflächen haben und der Wert somit durchaus plausibel ist.

Zusammenfassung der Raumlasten ermittelt per App:

Erdgeschoss (EG)

  • Raum 1: Vorraum, 2 Außenwände, 1 Fenster, 1 Außentür, Raumlast: 614 W
  • Raum 2: Gäste WC, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumlast: 102 W
  • Raum 3: Waschraum, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumlast: 172 W
  • Raum 4: Küche, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumlast: 539 W
  • Raum 5: Wohnzimmer, 3 Außenwände, 3 Fenster, 1 Außentür, Raumlast: 1882 W
  • Raum 6: Flur und Treppenhaus, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumlast: 371 W

Obergeschoss (OG)

  • Raum 7: Schlafzimmer, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumlast: 728 W
  • Raum 8: Bad, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumlast: 652 W
  • Raum 9: Büro, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumlast: 583W
  • Raum 10: Gästezimmer, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumlast: 781W
  • Raum 11: Flur und Treppenhaus, 2 Außenwände, 2 Fenster, Raumlast: 922 W

Gesamtheizlast

Gesamtheizlast \Phi_{HL} = 7351W

Heizlast-App - Anzeige der Gesamtheizlast - Beispielgebäude
Abbildung 10: Heizlast-App – Anzeige der Gesamtheizlast – Beispielgebäude

Mithilfe der Heizlast-App von Honeywell ist die Summe aller Räume recht einfach zu ermitteln. In der App werden die Raumlasten immer abgerundet, sodass die Gesamtheizlast durch Addieren der Einzelwerte 7346 W ergibt.

Im Gesamtergebnis werden jedoch die Kommazahlen berücksichtigt, sodass wir eine Gesamtheizlast \Phi_{HL} von 7351 W haben. Bei einer beheizten Gesamtfläche von 99 m² entspricht dies einem spezifischen Wärmebedarf von 74,25 W/m². Die hinterlegten Daten für das Beispielgebäude könnt ihr in dieser PDF Datei noch einmal nachlesen. 

Heizlastberechnung mit dem Datenschieber von Honeywell

Hinweis: Der Datenschieber von Honeywell wird nicht mehr produziert. Demnach empfiehlt sich die Berechnung mit der Resido Heizlast-App. Dennoch möchte ich euch in diesem Abschnitt weiterhin zeigen, wie die Heizlast mit dem Datenschieber ermittelt wurde, da diese Daten als Grundlage für die weiteren Berechnungen herangezogen werden. Während ich die ursprüngliche Beitragsserie schrieb, gab es die App noch nicht.

Heizlast-Datenschieber von Honeywell
Abbildung 11: Heizlast-Datenschieber von Honeywell

Der Heizlast-Datenschieber von Honeywell (Abbildung 11) wurde für die vereinfachte Berechnung der Heizlast in Bestandsgebäuden entwickelt. Er basiert auf den Vorgaben der DIN EN 12831 und einem vereinfachten Rechenverfahren, welches an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften entwickelt wurde.

Herr Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff begleitete mit seinen Mitarbeitern die Entwicklung des Heizlast-Datenschiebers, welcher kostenlos bei Honeywell bezogen werden kann. Inhalt des Paketes sind der Datenschieber, eine Anleitung, ein Stift zum Einstellen der Werte (siehe Abbildung 12) sowie eine Tabelle zum Eintragen der Werte.

Arbeiten mit dem Heizlast-Datenschieber
Abbildung 12: Arbeiten mit dem Heizlast-Datenschieber

Mithilfe des Datenschiebers zeige ich folgend, wie man die Heizlast eines Raumes berechnen kann. Die Skala gibt dabei jeweils den Bereich des Rechenschiebers an, aus dem die Heizlast ermittelt wird. Die Übersicht der weiteren Berechnungen ist in dem ausgefüllten Datenblatt (Abbildung 13) zu sehen.

Beispielrechnung Raum 1: Vorraum

  • Luftwechsel: normale Raumnutzung, dichte Fenster Fläche: 6 m² Skala 3 = 110 W
  • Tür: an Außenluft, schwere Tür Fläche: 0,9 m * 1,96 m = 1,76 m² Skala 6a = 110 W
  • Fenster: an Außenluft, doppeltes Wärmeschutzglas Fläche: 0,9 m * 1,17 m = 1,05 m² Skala 7a = 100 W
  • Boden: an unbeheiztem Keller, Stahlbeton mit Trittschall und Estrich Fläche: 6 m² Skala 10b = 110 W
  • Wand: an Außenluft, Außenwand mit 6…12 cm dicken Dämmschichten Fläche: (0,38 m + 2,43 m + 0,19 m + 0,38 m + 2,44 m + 0,725 m) * 2,5 m =16,4 m² Fläche abzüglich Fenster und Tür: 16,4 m² – 1,05 m² – 1,76 m² = 13,6 m² Skala 11a = 200 W

Raumheizlast \Phi_{HL,i} = 630 W daraus ergibt sich für den 6 m² großen Vorraum eine Raumlast von 630 W, was einem spezifischen Wert von 105 W/m² entspricht.

Dieser Wert erscheint für einen sanierten Altbau auf den ersten Blick ziemlich hoch. Es muss jedoch gesagt werden, dass wir einerseits einen großen Anteil an Flächen mit direktem Kontakt zur Außenluft haben (ca. 50 %) und andererseits der Heizlast-Datenschieber für kleine Flächen etwas ungenau ist. Dennoch war die Ermittlung der Heizlast mit dem Datenschieber eine echte Alternative zum Schätzen nach Baualtersklassen. Die weiteren Raumlasten für das Gebäude sind in Abbildung 13 dargestellt.

Heizlastberechnung mit Honeywell Datenschieber
Abbildung 13: Heizlastberechnung mit Honeywell Datenschieber

Zusammenfassung der Raumlasten ermittelt per Datenschieber:

Erdgeschoss (EG)

  • Raum 1: Vorraum, 2 Außenwände, 1 Fenster, 1 Außentür, Raumlast: 630 W
  • Raum 2: Gäste WC, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumlast: 90 W
  • Raum 3: Waschraum, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumlast: 130 W
  • Raum 4: Küche, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumlast: 610 W
  • Raum 5: Wohnzimmer, 3 Außenwände, 3 Fenster, 1 Außentür, Raumlast: 1830 W
  • Raum 6: Flur und Treppenhaus, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumlast: 380 W

Obergeschoss (OG)

  • Raum 7: Schlafzimmer, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumlast: 550 W
  • Raum 8: Bad, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumlast: 410 W
  • Raum 9: Büro, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumlast: 990 W
  • Raum 10: Gästezimmer, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumlast: 670 W
  • Raum 11: Flur und Treppenhaus, 2 Außenwände, 2 Fenster, Raumlast: 680 W

Gesamtheizlast

Gesamtheizlast \Phi_{HL} = 6970 W

Mit Hilfe des Datenschiebers von Honeywell war es nun relativ einfach die Heizlast der einzelnen Räume zu ermitteln. Die Summe aller Raumlasten ergibt eine Gesamtheizlast \Phi_{HL} von 6970 W, was bei einer beheizten Gesamtfläche von 99 m² einen spezifischen Wärmebedarf von 70,40 W/m² entspricht.

Heizlastberechnung über die energetischen Klassen von Gebäuden

Die zweite Möglichkeit zur Berechnung der Raumheizlast erfolgt über den spezifischen Wärmebedarf in Watt pro Quadratmeter (W/m²) nach energetischer Gebäudeklasse (siehe DeltaQ – Energetische Klassen von Gebäuden). Diese staffeln sich wie folgt:

  • 130 – >200 W/m² Gebäude ohne Wärmeschutz von vor 1977
  • 70 – 130 W/m² Gebäude nach Wärmeschutzverordnung von 1977
  • 60 – 100 W/m² Gebäude nach Wärmeschutzverordnung von 1982
  • 40 – 60 W/m² Gebäude nach Wärmeschutzverordnung von 1995
  • 30 – 50 W/m² Gebäude nach EnEV 2002
  • 25 – 40 W/m² Niedrigenergiehaus
  • 15 – 30 W/m² Ultra–Niedrigenergiehaus (Drei-Liter-Haus)

Die Gebäudeklassen können auch wie nachfolgend dargestellt weiter vereinfacht werden:

  • 120 W/m² Altbau, ohne besondere Wärmedämmung
  • 60 – 100 W/m² Gebäude mit normaler Wärmedämmung
  • 40 – 60 W/m² Neubau nach Wärmeschutzverordnung 1995
  • 30 – 50 W/m² Neubau nach Wärmeschutz/ EnEV 2002

Ermittlung des spezifischen Wärmebedarfs

Um den spezifischen Wärmebedarf für einen sanierten Altbau abschätzen zu können, bedarf es etwas Erfahrung. Daher solltet ihr bei Unsicherheit den Rat einer Fachfirma heranziehen. Meine Annahme für das Beispielgebäude ist ein spezifischer Wärmebedarf von Q_{spez.} = 60 – 80 W/m², welcher sich aus folgender Annahme ergibt:

  • Das Beispielgebäude wurde 1935 erbaut und 2005 saniert.
  • Dabei wurden die Fassade und das Dach gedämmt, es wurden neue Fenster eingebaut und die Heizungsanlage wurde erneuert.
  • Auch wenn das Gebäude 2005 energetisch saniert wurde, sind weiterhin erhöhte Wärmeverluste über die nicht energetisch sanierten Bereiche wie Keller und Türen zu verzeichnen.

Mit der genannten Annahme von Q_{spez.} = 60 – 80 W/m² ergeben sich folgende spezifische Raumheizlasten. Räume mit einem großen Anteil an Außenbauteilen werden dabei schlechter bewertet als Räume mit einem geringen Anteil an Außenbauteilen.

Erdgeschoss (EG)

  • Raum 1: Vorraum, 2 Außenwände, 1 Fenster, 1 Außentür, Raumfläche: 6 m² spezifische Raumheizlast: 6 m² * 80 W/m² = 480 W
  • Raum 2: Gäste-WC, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumfläche: 1 m² spezifische Raumheizlast: 1 m² * 60 W/m² = 60 W
  • Raum 3: Waschraum, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumfläche: 3,2 m² spezifische Raumheizlast: 3,2 m² * 60 W/m² = 192 W
  • Raum 4: Küche, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumfläche: 10,2 m² spezifische Raumheizlast: 10,2 m² * 60 W/m² = 612 W
  • Raum 5: Wohnzimmer, 3 Außenwände, 3 Fenster, 1 Außentür, Raumfläche: 26,5 m² spezifische Raumheizlast: 26,5 m² * 80 W/m² = 2120 W
  • Raum 6: Flur und Treppenhaus, 1 Außenwand, 1 Fenster, Raumfläche: 6,5 m³ spezifische Raumheizlast: 6,5 m² * 60 W/m² = 390 W

Obergeschoss (OG)

  • Raum 7: Schlafzimmer, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumfläche: 7,9 m² spezifische Raumheizlast: 7,9 m² * 80 W/m² = 632 W
  • Raum 8: Bad, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumfläche: 5,7 m² spezifische Raumheizlast: 5,7 m² * 80 W/m² = 456 W
  • Raum 9: Büro, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumfläche: 13,2 m² spezifische Raumheizlast: 13,2 m² * 80 W/m² = 1056 W
  • Raum 10: Gästezimmer, 2 Außenwände, 1 Fenster, Raumfläche: 8,6 m² spezifische Raumheizlast: 8,6 m² * 80 W/m² = 688 W
  • Raum 11: Flur und Treppenhaus, 2 Außenwände, 2 Fenster, Raumfläche: 10,2 m² spezifische Raumheizlast: 10,2 m² * 60 W/m² = 636 W

Gesamtheizlast

spezifische Gesamtheizlast \Phi_{HL,spez.} = 7329 W

Mit der Hilfe von spezifischen Werten ist es uns gelungen, die spezifische Heizlast der einzelnen Räume zu ermitteln. Die Summe aller Raumlasten ergibt eine spezifische Gesamtheizlast \Phi_{HL,spez.} von 7329 W, was bei einer beheizten Gesamtfläche von 99 m² einem spezifischen Wärmebedarf von 74,03 W/m² entspricht.

Fazit

Vorangehend wurden drei Möglichkeiten gezeigt, welche die vereinfachte Berechnung der Heizlast in Bestandsgebäuden zeigen. Nachfolgend sind noch einmal alle Daten zusammengefasst:

RaumRaum Nr.Raumlast
HeizlastApp
Raumlast
Datenschieber
Raumlast
Gebäudeklassen
Vorraum (EG)1614 W630 W480 W
Toilette (EG)2106 W90 W60 W
Waschraum (EG)3172 W130 W192 W
Küche (EG)4539 W610 W612 W
Wohnzimmer (EG)51882 W1830 W2120 W
Flur (EG)6371 W380 W390 W
Schlafen (OG)7728 W550 W632 W
Bad (OG)8652 W410 W456 W
Büro (OG)9583 W990 W1056 W
Gast (OG)10781 W670 W668 W
Flur (OG)11992 W680 W636 W
Summe:7.351W6.970 W7.329 W
Tabelle 1: Ermittelte Raumheizlasten mit drei unterschiedlichen Varianten

Interessanterweise liegt die Abweichung der Gesamtheizlasten bei lediglich 5 %. Schauen wir uns jedoch die Raumheizlasten der einzelnen Räume genauer an, ergeben sich Abweichungen von bis zu 30 % (zum Beispiel: Raum 1: Vorraum – 630 W zu 480 W). Diese Abweichungen je Raum werden in allen Verfahren über alle Räume ausgeglichen, sodass die Gesamtheizlasten am Ende nur eine geringe Abweichung aufweisen. Da wir jedoch versuchen eine Heizungsanlage zu optimieren, ist die Heizlastberechnung Raumweise zum Vergleich mit den vorhandenen Bestandsheizkörpern wichtig.

Weitere kostenlose Alternativen für das vereinfachte Verfahren gem. DIN EN 12831 sind beispielsweise DanBasic (Software von Danfoss), BWP Heizlastrechner oder Heizreport.

Anfangs ist zwar ein geringerer Mehraufwand für die Datenaufnahme nötig, dieser wird sich jedoch im Nachhinein als Zeitvorteil herausstellen.

Hinweis: In den nächsten Schritten der Serie „Hydraulischen Abgleich selber machen“ werde ich die Raumheizlasten aus der Ermittlung mit dem Datenschieber von Honeywell nutzen, da ich die Funktion der App erst zu einem späteren Zeitpunkt erklärt habe.

Mit den nun gewonnenen Daten ist es uns möglich, den nächsten Schritt des hydraulischen Abgleichs anzugehen und mit der Datenaufnahme der Heizkörper zu beginnen. Falls ihr Fragen, Anregungen oder Kritik habt, nutzt die Kommentarfunktion.

Wichtig: Bevor ihr mit der Anleitung zum hydraulischen Abgleich beginnt, weise ich euch darauf hin, dass die hier geschilderten Arbeitsweisen auf meinen persönlichen Erfahrungen und meinen persönlichen Gedankengängen basieren. Das Ausprobieren und das Implementieren der beschriebenen Vorgehensweisen erfolgt ausschließlich auf eigene Verantwortung und Gefahr. Ich übernehme keine Verantwortung. Weiterhin empfehle ich euch die berechneten Werte immer von einem Fachbetrieb oder einem Ingenieurbüro prüfen zu lassen. Denn auch wenn der hier beschriebene Weg einfach erscheint, können sich immer wieder Rechenfehler einschleichen.

Viele Grüße, Martin

Weiterführend Links und Quellen:

Resido Heizlast-App – Google Play
Resido Heizlast-App – Itunes
DanBasic (Software von Danfoss)
BWP Heizlastrechner
Heizreport
Honeywell – Heizlast-Datenschieber
TGA Fachplaner – Heizlast-Datenschieber
DeltaQ – Energetische Klassen von Gebäuden
DeltaQ – Heizlastberechnung

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Martin-SchlobachHallo, ich bin Martin, ein leidenschaftlicher Ingenieur aus dem Bereich der Gebäude- und Versorgungstechnik. Wer ich bin und warum ich diesen Blog schreibe, erfahrt ihr hier.

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